Thursday, September 13, 2012

yatu lebt!




Gestern ist ein seit langer Zeit ein neuer yatu-Post heraus gekommen. Davor hörte man ein halbes Jahr lang nur sporadisch von dem Projekt, alle zwei oder drei Monate erschien ein neuer Beitrag. Der Grund hierfür liegt in der Struktur des Projekts.
Wie ich in einem meiner vorhergegangenen Blogposts bereits erklärt habe, lebt yatu von Interaktionen. Jeder kontrolliert nur eine Partei in diesem System. Die Story, die Geschehnisse dieses Systems, ist nicht vorgeschrieben sondern entsteht spontan, durch Aktionen und Interaktionen der jeweiligen Parteien untereinander. Aber was passiert, wenn eine Partei nicht reagiert? Was passiert, wenn jemand nicht posten kann, weil er andere Verpflichtungen hat? Seine Handlungsunfähigkeit verzögert die Entfaltung der Story. Noch schlimmer wird es, wenn die Verpflichtungen so stark werden, dass jemand überhaupt nicht mehr am Projekt teilnehmen kann. So ist es dem Projektmitglied ergangen, das unter dem Pseudonym „Desolator“ schreibt. Er trat aus dem yatu-Projekt aus und bat darum, dass seine Partei künftig nicht weiter verwendet wird und im Prinzip einfach aufhört, zu existieren.
Jedoch haben Desolator und ich abgemacht, künftig unsere Parteien stärker miteinander interagieren lassen, und einige bereits veröffentlichte Posts darauf ausgerichtet.
Nun, mit Desolators Verschwinden, sah ich auch meine Zukunft im Projekt bedroht, da ich große Teile meiner Handlung auf Interaktionen mit ihm ausgelegt habe. Im Endeffekt ist es nicht so schlimm gewesen, wie es aussah, das Projekt geht nun ohne Desolator weiter und einige meiner Handlungsstränge verlaufen zwar im Sand, aber dafür öffnen sich neue Türen.
Während ich über die Zukunft des Projekts nachdachte und beriet, war ich jedoch schreiberisch nicht untätig, und habe eine Kurzgeschichte verfasst, in der ich den Werdegang von Zekko, einem meiner Protagonisten im Projekt, beschrieben habe, bevor er sich in meinem ersten yatu-Post auf einem Schlachtfeld wieder findet und die Frau, in die er seit Kindertagen verliebt war, ihm das Leben rettet. Hier ist die Geschichte, viel Spaß beim Lesen….obwohl, nein, ich gebe euch erst einmal nur den Prolog.

Das Gerät fängt an zu surren, kaum dass ich es berührt habe. Wie eine natürliche Abwehrreaktion eines Tieres, das zu schwach ist, um sich anständig zu wehren und deshalb auf seiner Sprache droht.
Ich betrachte es genauer. Vom Aussehen her ähnelt es einer verchromten Pistole mit einem etwas dunkleren Zylinder, der den Großteil des Laufs einnimmt, vier metallischen Ringen, die ihn umgeben, sowie einem zweiten, etwas kleineren Zylinder, der senkrecht daran befestigt ist. Ich richte die Konstruktion von mir weg und ziele auf einen Felsbrocken einige Schritte von mir entfernt. Auf einmal fangen die silbernen Ringe an, rötlich zu glühen. Bevor ich reagieren kann, spüre ich einen kurzen Ruck, sehe einen kleinen Schatten, dann explodiert etwas in einem gleißenden Feuerball unmittelbar vor mir. Eine Welle heißer Luft prallt gegen mein Gesicht. Als ich mich umsehe, sehe ich eine schmächtige, grüne Kreatur mit auffällig spitzen Ohren neben mir stehen. Das Wesen sieht aus, wie ein Mensch, ist aber höchstens einen Meter groß. Ein Goli. Offenbar hat er mir die Pistole aus der Hand gerissen, sie weggeworfen und uns beiden somit das Leben gerettet.
„Gute Granate!“, sagt er und nickt in Richtung des Rauches, der nun an Stelle der Flammen getreten  ist.
„Was habe ich falsch gemacht?“, will ich wissen. Das ist schon mein dritter Versuch, meine eigene Waffe zu bauen. Und mein dritter Fehlschlag.
„Kühlung“, antwortet er. Logisch. Sonst wäre das Gerät eben auch nicht überhitzt.
„Aber ist die Stickstoffzelle nicht genug?“
Der Goli schüttelt den Kopf.
„Nein. Außerdem...“, er reibt sich kurz über das Kinn, „...wie willst du verhindern, dass sich die Kühlflüssigkeit erhitzt?“
„Worauf willst du hinaus?“, will ich wissen.
„Du kannst das Gerät nur wenige Male benutzen, bevor es so endet wie dieser Prototyp. Es sei denn...“
„Zekko!“
Eine Mädchenstimme unterbricht das Gespräch, ich kenne sie nur zu gut.
„Armia!“, antworte ich automatisch und drehe mich um. Ein Mädchen mit hellblonden, fast schon weißen Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden sind, lehnt an einem übermannshohen Pfeiler, der einst wohl Teil eines größeren Gerüsts war. Hinter ihr steht ein etwas älterer Junge mit genauso blonden Haaren, sein Mund ist bedeckt von einem Tuch mit einem eigenartigen Muster. Ein horizontaler Strich, der von vielen vertikalen Strichen gekreuzt wird. Wie eine Narbe, die ihm quer über das Gesicht geht. Das ist Procius, Armias Bruder.
„Schon wieder deine merkwürdigen Versuche?“, knurrt er abschätzig. Merkwürdige Versuche? Irgendwann baue ich diese Waffe und dann zeige ich es ihm. Ich kann mir schon sein Gesicht vorstellen, wenn er sieht, wie ich Steine schmelze, als seien sie aus Eis. Vorausgesetzt, er nimmt diesen lächerlichen Stoffetzen ab.
„Hey. Er schafft das!“, ruft Armia, wobei sie mir aufmunternd zunickt. „Außerdem hat er ja einen Experten an seiner Seite.“
Bei diesen Worten verbeugt sich der Goli kurz. Plötzlich hält er inne. Ich bemerke, wie sich sein Körper versteift und sein Gesicht sich langsam zu einer angsterfüllten Grimasse verzerrt.
„Chimäre!“, kreischt er plötzlich, und im Nu ist er unter einem Haufen Schrott verschwunden. Kaum hat er das gehört, erwacht Procius zum Leben. „Eine Chimäre? Wo!“, ruft er. Ich seufze. Er war schon immer ein hitzköpfiger Draufgänger, aber jetzt übertreibt er. Chimären sind extrem gefährliche Raubtiere, die jedem Erdaner körperlich überlegen sind. Selbst die Yad haben mit ihnen Probleme. Procius will doch nicht etwa...wo ist er überhaupt? Als ich mich umblicke, ist er verschwunden. Aus dem Augenwinkel sehe ich Armia um die Ecke biegen. Ohne zu zögern laufe ich ihnen hinterher. Plötzlich bleibt Procius vor uns stehen. Vor uns befindet sich nun eine weitgehend ebene Fläche, die zu drei Seiten von einer Wand aus Schrott abgegrenzt wird. Direkt vor der Wand befinden sich mehrere kleine Erdhügel, die aussehen, wie kleine Gräber. An einem dieser Häufchen macht sich gerade eine schuppige Kreatur mit sechs Gliedmaßen, einem Schnabel und einem Stachel am Schwanz zu schaffen. Die Chimäre.
„Bist du bereit?“, fragt Procius, und zieht ein Metallrohr aus dem Schrotthaufen neben sich.
Armia seufzt und stellt sich vor ihn.
„Hör auf! Du wirst uns alle umbringen!“
Er schiebt sie sanft zur Seite und blickt wieder zu mir.
„Na, Zekko, hast du Angst?“, fragt er höhnisch. Ich nicke.
„Ja, Procius, ich habe Angst“, sage ich. Es stimmt, im Moment habe ich Todesangst, denn dieses Biest sieht wirklich furchterregend aus. Procius grinst.
„Ich aber nicht!“, ruft er und stürmt der widerlichen Bestie entgegen. Ich renne ihm hinterher. Procius bleibt vor der Bestie stehen und wackelt mit seinem Körper hin und her, während er das Metallrohr mit beiden Händen festhält. Offenbar hat er es mit der Angst zu tun bekommen. Die Bestie dreht die Spitze ihres Schwanzes zu dem Jungen. Zwei Schuppen klappen sich hoch, darunter kommen schwarze Kügelchen zum Vorschein. Dieses Vieh hat Augen auf dem Schwanz! Ich blicke kurz zu Armia, doch sie ist vor Schreck wie gelähmt. Ihr Gesicht ist kreidebleich und Tränen sammeln sich in ihren Augen.
„Procius...“, flüstert sie. Das ist das Schlimmste, was man tun kann. Zuzusehen, wie ein Freund stirbt, weil man sich selbst nicht traut, ihm zu helfen. Auf einmal macht Armia einen Schritt nach vorne.
„Ich werde mit ihm kämpfen!“, sagt sie und ballt ihre Faust. Ich lege meine Hand auf ihre Schulter. „Nein, besser, wir laufen zur Siedlung und holen Verstärkung!“, entgegne ich.
„Dann stirbt er!“, kreischt Armia
„Besser einer, als drei!“, sage ich, selbst erstaunt über meine Kaltblütigkeit. Sie sieht mich mit Entsetzen an.
„Das meinst du nicht ernst...“, keucht sie, dann, ehe ich mich versehe, läuft sie los. Derweil hat sich die Bestie vollständig zu Procius umgedreht, er steht immer noch wie festgewachsen vor ihr. Der Schwanz der Chimäre kreist um das Gebiet, beobachtet die Umgebung, schaut sich nach weiterer Beute um. Das kalkfarbige Maul des Biests hat schwarze Flecken um den Schnabel herum. Augenblicklich wird mir alles klar. Das ist Yadblut. Dieses Vieh hat Yadeier gefressen. Auf einmal richtet sich der Schwanz auf, die zwei Augen fixieren Armia. Sie bemerkt es nicht einmal. Procius traut sich immer noch nicht, anzugreifen. Scheiße. Ich muss etwas unternehmen. Ich greife in den Trümmerhaufen, der Teil der Mauer ist, und hole ein kleines, schweres Gerät heraus. Ich habe keine Ahnung, wofür man es braucht, aber das ist mir auch egal. Ich brauche es als Geschoss. Eine Sekunde reicht mir zum Zielen, dann schleudere ich das Objekt auf den Schwanz zu. Ich treffe genau das Auge. Sofort erwacht die Bestie zum Leben und verfällt in eine Raserei, ausgelöst durch den Schmerz. Der Stachel schießt nach vorne und bohrt sich knapp neben Armia in den Boden, gleichzeitig schnappt die Bestie mit dem Maul nach Procius, doch er weicht aus und lässt gleichzeitig seine Metallkeule auf den schuppigen Hals der Kreatur niederkrachen. Ich werfe Armia einen weiteren Metallstab zu, damit sie sich auch im Nahkampf verteidigen kann, doch die Bestie wehrt ihn mit ihrem Schwanz ab und schleudert ihn mir vor die Füße. Ich sehe, wie Procius an einem Schrotthaufen emporklettert, offenbar will er das Vieh von da oben mit Abfällen bewerfen. Kluge Idee. Aber ich muss mich um Armia kümmern. Der Schwanz richtet sich wieder auf, um erneut anzugreifen. Ich werfe ein weiteres Metallteil nach dem verbliebenen Auge, aber ich verfehle. Mist. Doch wenigstens habe ich die Kreatur abgelenkt. Aus dem Augenwinkel sehe ich Armia davonlaufen. Gut, sie ist in Sicherheit. Jetzt kämpfe ich allein gegen dieses Monster. Blitzschnell gehe ich meine Optionen durch. Eigentlich ist es aussichtslos: Ich darf meine Augen nicht von seinem Schwanz lassen, sonst bin ich aufgeschmissen. Aber selbst wenn ich das Ding unablässig beobachte, kann ich wahrscheinlich nicht schnell genug reagieren, wenn die Chimäre zuschlägt. Armias Schrei reißt mich aus meinen Gedanken. Sie wird von zwei Klauen festgehalten. Na klasse. Der Mundteil des Monsters hat sie zu fassen gekriegt. Ich schaue hoch zu Procius, er kramt im Müllberg herum. Was auch immer er da sucht. Plötzlich höre ich das gequälte Kreischen von Metall, das auf etwas ähnlich Hartes trifft, und im nächsten Moment fällt der Schwanz der Monströsität vor mir auf den Boden und wirbelt eine Staubwolke auf. Instinktiv hebe ich meine Hände vor's Gesicht und schließe meine Augen. Als ich sie wieder öffne, steht eine mindestens zwei Meter große Kreatur in einer silbrigen Rüstung auf dem Rückenpanzer der Chimäre und hält eine Axt in der Hand, die ruhig vor sich her summt. Jetzt erst sehe ich, dass es eigentlich keine Axt ist, sondern eher ein Stab, der eine Scheibe und einen Motor hält. Die Scheibe dreht sich unablässig.
Er greift hinter sich und hebt den Kopf der toten Kreatur in einer Geste des Triumphs hoch. Dann springt er von der Leiche herunter und bewegt sich auf mich zu. Jetzt erst bemerke ich, dass die silberne Rüstung ihn vollständig bedeckt, von Kopf bis Fuß. Das muss ein Yad sein, die dominante Rasse der GEYA-Union. Man sagt, sie können ohne Wasser nicht überleben, deshalb müssen sie ständig in einer mit Wasser gefüllten Rüstung herumlaufen.
„Dein Name“, höre ich den Yad knurren. Er muss einen Lautsprecher in der Rüstung haben, der mit seinem Kehlkopf verbunden ist.
„Zekko...“, antworte ich zögernd. Er nickt.
„Dein Name“, sagt er dann und dreht sich zu Armia um, die ängstlich hinter dem Chimärenpanzer hervorschaut.
„Armia“, piepst sie und macht einige unbeholfene Schritte auf uns zu. Sie ist unverletzt. Gut.
„Ihr zwei – Eier gerettet. Das – große Ehre für Erdaner“, erklärt der Yad. Ich schüttle den Kopf.
„Nicht zwei, sondern drei!“, entgegne ich und zeige auf Procius, der auf einem Schotthaufen steht und einen Klumpen zusammengeschmolzenes Metall in der Hand hält. Ohne ihn wären wir zwar nicht hier, aber er hat auch mit uns gekämpft, somit sollte er auch seinen Anteil am Lob bekommen.
„Das – Feigling!“, erklärt der Hüne.
„Ich bin kein Feigling!“, ruft Procius, während er von dem Trümmerberg herunter klettert. Der Yad stampft mit schnellen Schritten auf ihn zu, greift ihn am Nacken und ehe ich mich versehen habe, drückt er ihn herunter und hält ihm seine Axt an den Schädel.
„Ehrenloser Kampf genauso wie gar kein Kampf“, sagt er, dann erhebt er sich und stampft zu uns zurück. „Mein Name Suniga“, sagt er, dann dreht er sich um und geht. Nach einigen Schritten bleibt er stehen. „Mit zu Erdanersiedlung?“, will er wissen. Ich nicke und folge ihm mit Armia. Procius trottet in einigem Abstand hinterher.
Die Siedlung ist überhaupt nicht weit entfernt, wenn man sich auf einen besonders hohen Trümmerhaufen stellt, kann man die Mauer und die Wachtürme sehen. Die Verteidigungsanlagen beeindrucken mich jedes Mal, obwohl ich hier aufgewachsen bin und sie jedes Mal durch das Fenster sehe. Mir fällt auf, dass fast nur Erdaner die Siedlung bewachen, sie patroullieren mit ihren Waffen an der Mauer entlang oder sitzen an Ionenkanonengestellen in den Wachhäuschen. Eigentlich nicht verwunderlich, weil nur Erdaner in der Siedlung leben, aber andere erdanische Siedlungen werden normalerweise auch von Yad bewacht. Vor dem Tor stehen zwei Soldaten in dunkelbraunen Rüstungen, mit Helmen und Gewehren. Die erdanische Uniform für Unionsdiener. Alle tragen eine Art Säbel am Gürtel, es ist Vorschrift, stets eine Nahkampfwaffe mit sich zu führen, ausgenommen sind lediglich die mysteriösen Akhi. Nur die Wenigsten sind je welchen begegnet. Die Wachen nicken kurz, einer hält sich seine Hand in sein Funkgerät und murmelt etwas Unverständliches. Unsere Eltern stehen schon am Tor und warten. Eher gesagt, die Eltern von Procius und Armia. Seit meine tot sind, haben sie mich bei sich aufgenommen und stets wie ein eigenes Kind behandelt.
Die Gesichter der Beiden sind von Sorgefalten gezeichnet.
„Habt ihr wieder auf dem Schrottplatz gespielt?“
Die Frage der Mutter ist an niemanden Bestimmtes gerichtet. Armia und Procius senken die Köpfe.
Suniga bewegt sich zu den beiden Erdanern zu.
„Diese beiden – Helden!“, sagt er.
„Was haben sie denn getan?“, will der Vater wissen.
„Brut gerettet“, antwortet der Yad. Komische Wesen. Sie zeigen nie Emotionen, wenn sie sprechen.
„Dieser hier“, sagt Suniga und klopft mir auf die Schulter, „mit auf Flottenschule.“
Ich reiße meine Augen vor Überraschung so weit auf, dass ich für einen kurzen Moment Angst habe, dass sie mir aus den Höhlen herausfallen. Die Flottenschule ist die höchste Bildungseinrichtung der Union. Dort werden Beauftragte ausgebildet, die am Ende die Kontrolle über einen Ganzen Bereich eines Schifs haben. Zu einem Beauftragten zu werden ist die höchste Ehre, die einem Erdaner in der Union zuteil werden kann.
Suniga legt Armia seine Pranke auf die Schulter, wobei er sich sichtlich nach vorne beugen muss, um das zu tun, und sagt „diese hier auch!“
Beide Eltern schütteln den Kopf.
„Nein, sie bleiben hier!“, erwidert Mutter. Ich werfe ihr einen zornigen Blick zu. Als Suniga gesagt hat, dass er uns mit zur Akademie nimmt, ist mein Herz augenblicklich höher geschlagen. Ich habe zwölf Jahre meines Lebens in diesem Nest verbracht. Das ist genug. Jetzt will ich die Weite des Alls sehen. Und diese Frau hat mir gerade die beste Gelegenheit dafür versaut. Ich seufze, dann gehe ich auf das Haus zu, in dem wir wohnen, wobei ich sie demonstrativ anremple. Das Gebäude ist im Prinzip nichts weiter als ein großer Kasten mit Fenstern und einer Wendetreppe  an jeder Seite. Vom Dach des Gebädes ziehen sich Kabel, Drähte und Wäscheleinen zu anderen, ähnlich aussehenden Gebäuden. Ich schiebe die Magnetkarte in den Schlitz, öffne die Tür und betrete die Wohnung. Der Flur ist dunkel. Als ich das Licht anschalte, sehe ich sechs Türen. Drei auf jeder Seite. Rechts die Zimmer der Kinder, also Procius, Armia und ich, links die der Eltern und das Bad. Ich gehe auf mein Zimmer. Hinter mir schließe ich ab. Plötzlich klopft jemand an meinem Fenster. Selo, der Goli vom Schrottplatz. Gut. Jemand anderen will ich gerade nicht sehen. Ich öffne das Fenster und das kleine Wesen kriecht hinein.
„Da!“, sagt er und stellt einen schwarzen Behälter auf den Tisch. Auch er hat metallische Ringe um sich herum und eine kleine Anzeige an der Seite.
„Was ist das?“, will ich wissen, obwohl ich es mir bereits denken kann.
„Ein Plasmabehälter“, antwortet der Goli seelenruhig, als sei es nichts Schlimmes, dass er gerade einen Behälter mit dem instabilsten Material, was es gibt, in eine Wohngegend geschmuggelt hat.
„Bist du wahnsinnig? Wenn die hochgehen, sind wir alle tot!“
Der Goli blickt kurz aus dem Fenster, dann schüttelt er den Kopf.
„Nicht alle, vermutlich nur alle Bewohner dieses Hauses. Aber das ist doch gut. Sachen, die unter Druck hergestellt wurden, halten länger“
Ich seufze. Die Goli waren schon immer für ihre unorthodoxen Ideen berüchtigt. Und für ihre schrille Stimme, wobei die von Selo noch angenehm klingt, zumindest im Vergleich mit anderen seiner Artgenossen.
Der Goli holt einige Werkzeuge aus dem improvisierten Rucksack und legt sie vor mir auf den Tisch.
„Du hast mich vorhin zu etwas inspiriert, weißt du?“
„Wirklich?“
Er nickt, dann hält er mir einen Behälter vor die Nase.
„Weißt du, warum uns das Plasma nicht um die Ohren fliegt?“
Ich nicke und zeige auf die silbernen Ringe.
„Wegen den Magneten“
Selo nickt.
„Genau. Und die Magneten werden mit Stickstoff gekühlt, damit sie nicht überhitzen. Wenn man aber die Kühlung aussetzt, arbeiten die Magneten stärker. Somit wird das Plasma solange komprimiert, bis die Magneten überhitzen. Dann wird das Plasma sich wieder ausbreiten wollen...“
„...und das Gerät explodiert. Clever!“, ergänze ich seinen Satz. So eine Plasmagranate klingt amüsant. Ich kann mir schon die Gesichter der Erwachsenen vorstellen, wenn ich ihnen das Gerät irgendwo auf dem Schrottplatz demonstriere. Armia wird mich lieben.
„Tun wir's!“, sage ich.
Der Goli nickt und reibt sich die Hände. Wir verbringen den ganzen Abend mit der Herstellung. Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben so sehr geschwitzt. Aber Selo sieht alles ganz gelassen. Entweder, er hat immenses Vertrauen in unsere Fähigkeiten, oder er hängt nicht am Leben, wobei er heute bewiesen hat, dass es Letzteres nicht sein kann. Plötzlich klopft jemand an die Zimmertür.
„Was?“, frage ich genervt. Es ist garantiert Mutter oder Vater. Ich will mit beiden nicht reden.
„Ist Procius bei dir?“
Mutter.
„Nein!“
„Weißt du, wo er hingegangen sein könnte?“
„Nein!“
Sie verschwindet wieder und ich bastle weiter. Gegen Ende der Nacht haben wir sechs Granatan gebaut. Jede hat nun einen Knopf, der die Zufuhr des Kühlmittels unterbricht. Dann hat man zehn Sekunden Zeit, um das Gerät los zu werden und weg zu schauen, denn die Explosion ist nicht nur so heiß, wie ein Stern, sondern auch genauso hell.
Ich schaue aus dem Fenster, auf die zwei Sonnen, die sich langsam nebeneinander über den Horizont erheben. Selo schläft zusammengekauert auf dem Schreibtisch, direkt neben einer der Granaten. Er ist zwischenzeitlich, während ich gebastelt habe, losgezogen, hat ein Stück Leder geholt und mir daraus einen Gürtel genäht, in den meine Granaten hervorragend hineinpassen. Sie sind von dort aus leicht zu entnehmen und der Druckknopf ist optimal geschützt.
Plötzlich höre ich aufgebrachte Stimmen vor dem Tor der Siedlung.
Der Goli reckt den Hals.
„Lass uns mal nachsehen“, sage ich und laufe zur Tür. Im Nu sitzt er auf meinen Schultern, ich stürme die Treppen herunter und dränge mich durch die Ansammlung Erdaner, bis ich mir ein Yad seinen Speer vor die Nase hält.
„Zurück!“, knurrt er. Ich gehorche instinktiv. Procius und Armia stehen in der Mitte der Masse, zusammen mit ihren Eltern, flankiert von Suniga und zwei Wachen.
„Lasst ihn!“, sagt Suniga plötzlich. Der Yad vor mir senkt seinen Speer und ich trete sofort nach vorne.
„Was ist passiert?“, will ich wissen.
„Jemand Eier vernichtet“, erklärt der Yad. Procius! Deshalb war er heute Nacht nicht zuhause.
„Informationen?“, fragt Suniga mich. Ich schüttle den Kopf. Nein, ich weiß nichts. Ich habe heute Nacht zwar bloß mit dem Leben der halben Siedlung gespielt, aber von den Yadeiern weiß ich nichts.
„Yad-Eier-Zerstörer stirbt!“, sagt einer der Yad, die anwesenden Wächter, die gerade die Menge zurück halten, stimmen mit einem Kampfschrei zu. Ich blicke zu Procius, doch er wendet den Blick ab. Ich weiß auch, wieso. Plötzlich tritt Armia vor.
„Ich war das!“, sagt sie.
„Was? Lüg nicht!“, rufe ich, aber es ist bereits zu spät. Suniga packt sie, drückt sie auf den Boden und aktiviert seine Axt.
„Halt!“, sagt ihr Vater.
„Die Gesetze sagen, dass der Aufpasser des Täters für die Tat gerade steht“
Suniga legt den Kopf schief.
„Gesetze sagen - Kampf auf Leben und Tod. Wenn du verlierst – Verbannung für ganze Familie“
Vater nickt und löst ein Messer von seinem Gürtel. Suniga zögert nicht lange. Mit einem einzigen Hieb hat er ihm den Kopf von den Schultern getrennt. Armia kniet sofort neben ihm nieder, Procius ballt die Fäuste. Ich halte vor Schreck meinen Atem an. Er hat sich zwar nur zwei Jahre um mich gekümmert, aber er hat mich stets behandelt, wie seinen eigenen Sohn. Und jetzt stirbt er wegen der sinnlosen Rache eines Feiglings. Am liebsten würde ich Procius jetzt eine meiner Granaten in den Mund stopfen. Auf einmal spüre ich etwas Kaltes und Schweres auf meinem Kopf.
„Du – mitkommen!“, sagt Suniga.
„Wo...wohin denn?“, stottere ich hervor.
„Flottenschule“, erklärt er.

Saturday, September 1, 2012

Von Männern mit Bärten




Wundert euch nicht über die Überschrift, aber Bärte sind das Einzige, was die beiden Personen gemeinsam haben, über die ich heute sprechen will.

Zum einen wäre da Solid Snake, Protagonist einer Spielserie, die ich sehr mag, nämlich Metal Gear. Vor Kurzem hat diese Serie ihr 25 jähriges Jubiläum gefeiert. Und wie feiert man solche Ereignisse am Besten? Richtig, mit einer Convention. Im Zuge dieser Convention wurden zwei Dinge angekündigt. Erstens, dass es einen Metal Gear Film geben wird. Zweitens, dass es ein neues Spiel geben wird, nämlich Metal Gear Solid: Ground Zeroes.  
Vor dem Metal Gear Solid Film habe ich keine Angst, solange Uwe Boll nicht Regie führt und Hideo Kojima, der geistige Vater der Serie, Mitspracherecht besitzt. Das Spiel hingegen bereitet mir mehr Sorgen: Ich finde, es gibt zu viele Spiele dieser Serie: Alleine die Hauptserie hat vier, nämlich Metal Gear Solid, Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty, was auf Metal Gear solid aufbaut, Metal Gear Solid 3: Snake Eater, ein Prequel, das die Geschichte von Snakes Vater beleuchtet, und Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots, was zwar auf Metal Gear Solid 2 aufbaut, aber auch Charaktere aus Teil drei beinhaltet. Dazu kommen zwei Spiele für die PSP, die nach Metal Gear Solid 3 spielen und ebenfalls Snakes Vater als Protagonisten haben. Beim neuen Spiel habe ich etwas Angst, dass sie wieder ein Stück Vorgeschichte irgendwo hinein quetschen und somit im Endeffekt die ganze Serie durch zu viele Nebenstränge kaputt machen. Andererseits beruhigt mich die Tatsache, dass man einen relativ jungen Mann mit Bart auf dem einzigen Foto vom neuen Spiel sieht, da dies bedeutet, dass sie kein Spiel heraus bringen, was nach Metal Gear Solid 4 spielt, denn dieses Spiel hatte ein hervorragendes Ende.

Der andere Bärtige ist Andrei Arlovski, einer meiner Lieblingssportler und seines Zeichens MMA-Kämpfer sowie ehemaliger UFC-Schwergewichtschampion. Er hatte gestern einen lang erwarteten Kampf gegen seinen Erzrivalen Tim Sylvia. Es ist das vierte Aufeinandertreffen der beiden. Beim ersten Mal hat sich Arlovski den Schwergewichtstitel von Sylvia geholt, ihn jedoch bei der zweiten Konfrontation wieder an ihn verloren. Bei der dritten Begegnung hat Sylvia dann den Titel gegen Arlovski verteidigt. Es steht also 2:1 für Sylvia im Moment. Der gestrige Kampf offenbarte Arlovski als klaren Favoriten, er hat Sylvia stets mit Schlägen und Tritten beschäftigt gehalten und dessen Angriffe gut überstanden. Im Endeffekt hat Arlovski seinen Kontrahenten sogar mit zwei Schlägen zu Fall gebracht und ihm daraufhin zwei Fußtritte verpasst. Solche Fußtritte, soccer kicks genannt, weil man den Schädel des Gegners so behandelt, wie einen Fußball, sind zwar legal, aber erst, nachdem der Schiedsrichter seine Erlaubnis dazu erteilt. Was gestern nicht der Fall war. Somit wurden die Tritte als illegal gewertet und Sylvia erhielt fünf Minuten Erholungszeit. Doch er hat dem Schiedsrichter gesagt, dass er nicht weiter kämpfen konnte, somit wurde der Kampf als Unentschieden gewertet. Ich finde das traurig, dass Arlovski wegen solch einer Kleinigkeit der Sieg verwehrt wurde, denn ich bin davon überzeugt, dass er Sylvia mit den Tritten den Rest gegeben hätte, wenn der Schiedsrichter das Zeichen gegeben hätte. Vielleicht hat Sylvia auch einfach gelogen, als er gesagt hat, dass er nicht mehr kampffähig ist, um weiteren Attacken von Arlovski und einem möglichen Knockout zu entgehen. Bleibt zu hoffen, dass es eine fünfte Begegnung zwischen den beiden geben wird.