Monday, October 28, 2013

Halloween-Kurzgeschichte

Ahoi

Hier wie versprochen die Halloween-Kurzgeschichte mit dem Hauptcharakter meines diesjährigen NaNos. Danke an das siliel für die wunderbare Idee.

Eine Warnung vorweg: Diese Geschichte ist unter dem Einfluss von epischer Musik entstanden. Ihr werdet beim Lesen sehen, was ich meine.

Der Marsch der Kürbisse

Lumius war der erste, der von seinem Erbe erfuhr, und der erste, der beschloss, gegen seinen Onkel vorzugehen. Zusammen mit den Rittern des Lichts, welche ihn jahrelang versteckt und ausgebildet hatten, griff er die ehemalige Hauptstadt des Kaiserreichs an. Doch das Schlachtenglück war nicht auf seiner Seite gewesen, und er hatte die erste Schlacht gegen die Dämonenhorden, welche die Stadt von einem Schleier aus purer Dunkelheit umgeben hatten, verloren. Nun saß er, umringt von seinen Generälen, im Hauptzelt, sie alle starrten schweigend die Karte in der Mitte des Tisches an.
Sie grübelten alle darüber, was als nächstes zu tun war. Auf einmal stürmte ein Bote hinein.
Meister Luminus...“, keuchte er, bevor ein weiß gekleideter Ritter mit silbrigen Verzierungen an der Rüstung ihn aufhielt. Ein blonder Junge, kaum älter als 15, winkte den Ritter beiseite.
Sprich“, wies er ihn an. Der Bote verbeugte sich dankbar. Er hielt Lumius, ebenso wie die fast 10000 Ritter des Lichts, für den rechtmäßigen König und behandelte ihn auch entsprechend.
Verzeiht, dass ich euch mit solch einer Nichtigkeit belaste, aber unter den Gefolgsleuten wird der Wunsch breit, den Sturm auf die Stadt des Lichts zu unterbrechen, um ein Fest mit ihren Familien zu feiern“, erklärte der Bote ohne aufzusehen. Lumius runzelte die Stirn. Er hatte nie viel von den Bräuchen der Bauern und Dorfbewohner mitbekommen, welche sich ihm dankenswerterweise angeschlossen hatten.
Was für ein Fest ist es?“, wollte er wissen.
Es heißt Halloween und laut der Überlieferung dient es dazu, böse Geister zu vertreiben“
Lumius nickte. Davon hatte er etwas gehört.
Ist es das mit den ausgehöhlten Kürbissen?“
Der Bote nickte.
In unserer Heimat baut man Kürbisse extra für dieses Fest an“, sagte er nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme.
Auf einmal kam Lumius eine Idee.
Wie viele Bewohner hat die Hauptstadt?“, fragte er in die Runde.
Etwa 150000“, antwortete einer seiner Generäle. Lumius lächelte, griff nach einem Blatt Papier und kritzelte hastig einige Worte darauf, bevor er sie mit dem Siegel der Sonne amtlich machte.
Du erhältst hiermit den Auftrag, 150000 Kürbisse zu beschaffen. Dir sollen alle Mittel dafür gewährt werden“, befahl er und wandte sich an seine Generäle.
Wir werden Halloween mit den Bewohnern der Stadt feiern“

Die Vorbereitungen waren pünktlich zum Fest abgeschlossen und um Mitternacht des 30. Oktobers öffnete sich in einer verdreckten Seitengasse in der Hauptstadt eine Luke im Boden und ein schwaches, oranges Schimmern stieg empor. Der Tunnel, der sich darunter verborgen hatte, führte zu einem versiegten unterirdischen Bach. Früher hatten die Bewohner ihren Müll hinunter geworfen, woraufhin er vom Wasser fortgespült wurde.

Der Schimmer zog sofort die Blicke der Kreaturen an, welche in den Straßen lungerten und gierig darauf warteten, dass jemand sich unerlaubt aus seinem Haus wagte. Die ersten vier Gestalten, die aus dem Tunnel stiegen, waren verkleidet, ihre Ritterrüstungen und Schwerter waren verborgen unter einem schwarzen Umhang, und über die Helme hatten sie Masken gestülpt, die ein schreiendes Gesicht darstellten. Jeder der vier Männer hielt einen Kürbis in der Hand, in dessen Inneren eine Kerze brannte. Augenblicklich begannen die Bestien, zu kreischen. Sie waren gewöhnt, in der Dunkelheit zu sehen und selbst die schwächste Lichtquelle erschien ihnen wie ein strahlendes Leuchtfeuer. Die Kürbisse wirkten auf sie wie Blendgranaten. Während sich die Bestien vor Schmerz die Augen wanden, stiegen mehr Menschen aus dem Tunnel, alle mit Kürbissen und in unterschiedlichsten Kostümen. Da waren weitere Gestalten in Masken, Hexen in Netzumhängen und mit spitzen Hüten, andere hatten sich einfach in einem furchteinflößenden Muster geschminkt. Gemeinsam bewegten sie sich auf das nächste Tor zu und blendeten jede Kreatur, die ihnen entgegen kam. Sie hatten keine Mühe, gemeinsam den schweren Holzbalken beiseite zu schieben, der das Tor verriegelt hielt. Kaum dass sie das Stöhnen der sich öffnenden Türen hörten, setzten sich die Karren in Bewegung, welche draußen warteten.
Die Menschen, welche die Stadt durch die Tunnel infiltriert hatten, füllten Säcke voller Kürbisse und verteilten sich dann. Sie gingen in kleinen Grüppchen jede Straße ab und klopften an jede Tür, doch anstatt etwas zu verlangen, wie es die Herrscher der Stadt jahrelang getan hatten, drückten sie jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind einen leuchtenden, ausgehöhlten Kürbis in die Hand, gemeinsam mit einem Brief von Lumius persönlich, indem sie aufgefordert wurden, ebenfalls auf die Straße zu gehen. Die Straßen wurden voller und voller, fast niemand blieb zuhause. Man sah kleine Kinder, die auf den Schultern ihrer Eltern saßen und Mini-Kürbisse in den Händen hielten und Greise, die, zu schwach um selbst auf den Beinen zu stehen, von wildfremden Menschen gestützt wurden. Von oben wirkte die Menge wie ein glühender Strom Lava, der sich seinen Weg durch die Stadt bahnte und in regelmäßigen Abständen durch neue Wogen von Außen ergänzt wurde, wenn ein neues Tor geöffnet wurde.
Für den Statthalter, der von seinem dunklen Turm aus auf die Stadt herunter sah, wirkte es noch beunruhigender. Er sah die Menschen nicht, die da langsam, ohne Eile durch die Straßen zogen. Er sah nur 150000 orange leuchtende, grimmige Fratzen, die zu ihm heraufsahen, während die Menge sich ihren Weg zum Hauptplatz bahnte und diesen langsam füllte. Im Nu sah es so aus, als würde die gesamte Stadt aus einem einzigen Lichtermeer bestehen. Einige Menschen waren auf Häuserdächer geklettert, um dieser Illusion noch mehr Ausdruck zu verleihen. Der Statthalter zitterte, als der Emotionscocktail aus Angst und Wut durch seine Adern floss. Seine Truppen waren nicht darauf ausgelegt, bei Licht zu kämpfen und es würde nur eine Zeit lang dauern, bis der wütende Mob den Turm stürmen würde.
Doch die Menge rührte sich nicht. Sie unternahmen keinen Versuch, sich die Macht zu sichern und das Monument zu stürmen, das der Statthalter sich erbauen ließ. Im Gegenteil. Sie blieben auf dem Platz und bildeten kleine Gruppen, die sich um selbst entzündete Feuer gesellten und Lieder sangen,
während um sie herum spielende Kinder um herliefen. Menschen, die sich noch nie zuvor gesehen hatten teilten sich in dieser Nacht ihr Essen, ihren Wein oder ihre wärmenden Decken, wenn sie etwas weiter vom Feuer entfernt waren. Sie hatten in dieser Nacht eine Stadt erobert, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen und die Menschen hatten über die Dämonen gesiegt. Und über ihre Angst.