Ich muss euch
etwas beichten. Heute lief bei mir in der Wohnung den ganzen Tag
Volksmusik und wird wahrscheinlich auch (zum Leidwesen meiner
Nachbarn) die nächsten Tage laufen. Nein, ich habe keinen
Hitzschlag, obwohl der bei den aktuellen Temperaturen vermutlich
nicht lange auf sich warten lassen wird. Meine Oma ist auch nicht zu
Besuch. Aber eigentlich rede ich auch nicht von „klassischer“
Volksmusik, also von den Sendungen auf ARD wo regelmäßig 5-10%
aller Zuschauer bei wegsterben. Nein, ich rede von Kellerkommando,
einer wunderbaren Band. Genauer gesagt rede ich von deren zweiter EP
„Mondscheinbrüder“, die am 18.05. erschienen ist.
Wer sich in der
Materie auskennt, wird bereits im Titel eine Anspielung auf ein
schwäbisches Volkslied erkennen. Dieses Lied, so wie drei Andere,
wurde von den Bandmitgliedern zum Teil mit alten Refrains neu
vertont und mit einer wunderbar abgestimmten Mischung aus
Instrumenten und digital erstellten Klängen versehen. Zwischen den
äußerst einprägsamen und ohrwurmgefährdeten Hooks singt ein Mann
in grauenhaftem fränkischen Akzent Texte, die sowohl
exzessives Party machen und „Weiber abschleppen“, als auch
Gesellschaftskritik behandeln. So sind unter Anderem Seitenhiebe auf
zu dünne weibliche Schönheitsideale und die Überwachungspolitik
der Regierung enthalten. Unterstützt wird der fränkische Sänger
von einem Rapper, wodurch in einigen Liedern ein gewisser Gegensatz
zwischen der „alten“ Volksmusik und dem „neuen“ Hip Hop
entsteht.
Vielleicht ist es
dieser Gegensatz, vielleicht aber auch die klangvollen Beats oder der
Inhalt der Texte, jedenfalls ist diese EP ein einziger kleiner
Stimmungsmacher, und darf auf keiner Party fehlen.
Natürlich wird
sich dieser Wunsch wegen der gewaltigen Vorbehalte gegenüber
Volksmusik (auch wenn die Bandmitglieder alle unter 30 sind) nicht
durchsetzen, aber ich kenne die Wahrheit: Ich habe Kellerkommando auf
einem Konzert in Leipzig gesehen (ich berichtete...glaube ich
zumindest) und weiß, dass sie dort den ganzen Saal zum Beben
gebracht haben.
Was mich auch zur
Kritik bringt: Wieso nur sechs Lieder? Klar ist jedes Einzelne von
denen überragend gut, aber bei besagtem Konzert wurden mindestens
doppelt so viele Stücke gespielt. Andererseits weiß ich nun, dass
Kellerkommando noch genug Stoff für andere, hoffentlich größere
Releases hat.
Außerdem habe ich
auf dieser EP Schokk vermisst, einen meiner Lieblingsrapper. Zwar hat
die Band eine würdige Vertretung gefunden und ich vermute, dass
Schokk zu dem Zeitpunkt, wo die EP aufgenommen wurde, in Russland war
und dort einige Solo-Konzerte veranstaltet hat (ich berichtete), aber
ohne ihn ist Kellerkommando bloß ein Kellerkomman. Etwas fehlt.
No comments:
Post a Comment