Sunday, July 17, 2011

Boomerang

Was würdet ihr tun, wenn ihr plötzlich in einem Körper des anderen Geschlechts aufwacht ?
Geht nicht, sagt ihr ? Armin und Nina sehen sich mit eben diesem Problem konfrontiert. 
Wer die beiden sind ?
Die Hauptcharaktere zu meiner neuen Kurzgeschichte.

Aber lest selbst:

Boomerang

Kapitel 1: Eine gute Tat

Scheiße! Die leere Coladose fliegt gegen die Hauswand. Aber dieses Gefühl in der Brust bleibt bestehen. Wie konnte das passieren! Fast ein halbes Jahr habe ich für die Meisterschaft im Taekwondo trainiert, und dann werde ich disqualifiziert, nur weil ich meinem Gegner angeblich unter die Gürtellinie getreten habe? Der Schiedsrichter ist ein verdammter Blindfisch. Das war ein sauber ausgeführter Tritt, jeder sagt das. Aber jetzt kann man das nicht mehr ändern. Plötzlich wird es um mich herum heller. Die Laternen gehen an und beginnen mit der Rückeroberung der Straßen.
Zwischen meinen Rippen fühlt es sich an, als wolle etwas ausbrechen. So ungefähr muss sich Ripley gefühlt haben, als sie das Alien zur Welt brachte. Mein Atem beschleunigt sich. Hass flutet mein Hirn. Es ist Hass auf mich selbst, dafür, dass ich mein Bein nicht hoch genug heben konnte. Sonst hätte ich garantiert gewonnen.
Zwei angetrunkene Jugendliche kommen mir entgegen. Ich balle meine Faust und lockere gleichzeitig den Griff um meine Sporttasche. Wenn mich einer von denen dumm anmacht, dann haue ich ihn tot. Bei diesem Gedanken spüre ich einen kleinen Funken Genugtuung in mir aufsteigen. Ich will mir selbst beweisen, dass ich kämpfen kann. Aber das gute Gefühl verschwindet sofort wieder. Es ist nicht stark genug, um den Hass zu verdrängen, genauso wenig, wie die Straßenlaternen es schaffen, die Nacht zum Tag zu machen.
Die Beiden gehen an mir vorbei. Ist vielleicht auch besser so, denn die sind beide recht breit gebaut.
Ich seufze leise. Dann werde ich wohl wieder Call of Duty zum abreagieren benutzen. Auch wenn mir ein Kampf, wenigstens ein Sparring, im Moment eher beim Frustabbau helfen würde.
Ich biege in eine Nebenstraße ein. Bis zur Wohnung sind es noch knapp 10 Minuten. Während ich in Gedanken schon darüber nachdenke, auf welcher Map ich spiele, nehme ich aus dem Augenwinkel etwas wahr: Zwei verdächtig aussehende Gestalten. Ich ändere den Kurs und gehe auf sie zu. Da stehen zwei Typen, einer drückt einen Penner an die Wand. Ich schmeiße meine Sporttasche in die Ecke und sprinte los. Einer der beiden Typen bemerkt mich, aber es ist zu spät. Ich springe hoch, mein Fuß schnellt nach vorne und trifft mit der Verse direkt seinen Solaplexus. Er beugt sich keuchend nach vorne. Ich ergreife ihn, verpasse ihm einen Kniestoß gegen die Rippen, dann reiße ich ihn zu Boden. Der Andere läuft weg. Ich will ihm gerade hinterherrennen, doch der Obdachtlose hält mich fest.
„Danke sehr...“, flüstert er mit heiserer Stimme.
Ich schaue auf den Typen, der am Boden liegt. Ich bin kein Schläger, aber das hat gut getan.
„Ich würde dir gerne etwas geben, aber ich habe nichts von wert.“, sagt der Mann.
Plötzlich verschwindet seine Hand in seiner Jackentasche und kommt mit einem kleinen Stäbchen hervor. Ungefähr so groß wie ein Kugelschreiber, aber es ähnelt eher einem Boomerang. Und es ist völlig schwarz.
Er hält mir das Ding hin.
„Das ist ein Wunschgönner. Er erfüllt dir einen Wunsch. Aber pass auf, denn jeder Wunsch fällt auf dich zurück.“
Ich lächle und halte meine Hand hin. Der Mann zeigt mit dem Boomerang auf mich.
„Aber es muss das Erste sein, was dir in den Sinn kommt!“
Ich nicke. Offenbar haben die beiden Jungs ihm eine Gehirnerschütterung verpasst oder so. Jedenfalls ist er nicht ganz dicht. Aber ich versuche es trotzdem. Das erste, was mir in den Sinn kommt, ist Nina. Sie geht in meine Parallelklasse und ich komme andauernd nicht dazu, sie anzusprechen. Ja, ich würde gerne mal in ihr stecken. Ich ergreife den schwarzen Gegenstand. Kaum habe ich ihn berührt, zerfällt er zu Staub. Ich blicke mich um. Der Mann ist verschwunden. An der Stelle, wo er eben noch stand, liegen einige Müllsäcke. Habe ich mir das alles etwa nur eingebildet? Das Stöhnen zu meinen Füßen erinnert mich an den Kampf. Das ist also tatsächlich  passiert. Ein Schauder läuft mir über den Rücken. So schnell ich kann, laufe ich nach Hause und lege mich schlafen. Ich will, dass dieser komische Tag vorbeigeht.


Kapitel 2: Querschläger

Ich wache auf und werfe einen erschrockenen Blick an die Decke. Normalerweise ist sie weiß. Aber  jetzt habe ich den Eindruck, als ob sie leicht rötlich wäre. Haben meine Eltern über Nacht das Zimmer gestrichen?
„Wer ist das?“
Ich sehe mich nach dem Ursprung der Stimme um. Meine Augen weiten sich. Das ist gar nicht mein Zimmer!
„Ach nee, das ist meins!“
Wieder diese weibliche Stimme. Moment...ist das etwa Nina?
„Ja, und wer bist du?“
Plötzlich grinse ich, springe auf und laufe zum Spiegel.
Ein Mädchen mit schulterlangen, dunkelbraunen Haaren sieht mich von der anderen Seite an und imitiert jede meiner Bewegungen. Ich bin in Ninas Körper gelandet. Dabei wollte ich nur...
„Was wolltest du?“
Die Stimme klingt vorwurfsvoll, obwohl sie theoretisch alle Körperfunktionen kontrolliere.
„Hallo.“, sage ich mit ihrer Stimme.
„Du hast mir immer noch nicht gesagt, wer du bist und wie du in meinen Körper kommst!“
„Ich bin Armin aus deiner Parallelklasse und wie ich hier gelandet bin weiß ich auch nicht, obwohl ich da so eine Vermutung habe...“
„Mit wem sprichst du da, mein Spatz?“
Eine Frau schaut durch die Zimmertür.
„Das ist meine Mutter. Sag, ich probe für den Schauspielkurs.“
„Ähm, ich probe für den Schauspielkurs.“
„Achso, na dann ist ja gut.“
Ninas Mutter verschwindet wieder.
„Danke.“
„So, jetzt hattest du deinen Spaß. Und jetzt raus!“
„Wenn ich wüsste, wie das geht.“
„Hör auf, mich zu verarschen! Ich weiß zwar nicht, wieso du meinen Körper kontrollierst, aber jetzt verschwinde!“
„Ich kann nicht!“
„Du willst mir sagen, dass du weißt, wie du in meinen Körper gekommen bist, aber nicht weißt, wie du raus kommst?“
„Ähm...eigentlich weiß ich noch nicht einmal, wie ich reingekommen bin, aber...“
Ich blicke auf die Digitalkamera, die auf dem Tisch liegt, und grinse.
„Nein, du machst das nicht!“
Stimmt. Nina kann ja Gedanken lesen. Aber das ist nicht weiter schlimm. Sie kann es eh nicht aufhalten. Ich greife die Kamera und stürme aus dem Zimmer. Das Klo befindet sich direkt gegenüber. Ich laufe schnell rein und schließe von innen ab. Dann entkleide ich Nina und schieße dabei Fotos von allen Positionen, die der Spiegel und die Digicam zulassen. Sie kann nichts weiter tun als zuzusehen und zu fluchen. Nachdem ich fertig bin, ziehe ich sie wieder an, laufe in ihr Zimmer zurück und fahre den PC hoch. Ein kurzer Blick auf den Desktop...da! Mozilla Thunderbird. Ich klicke darauf und grinse. In der Leiste für die Passworteingabe sind sieben Sternchen zu erkennen. Beim Feld „Passwort speichern“ ist ein Haken gesetzt.
Danke sehr. Ich klicke auf anmelden. Gleichzeitig stöpsle ich die Kamera an, lade die Fotos hoch und schicke sie in einer E-Mail an meine Adresse.
Plötzlich steckt Ninas Mutter den Kopf durch den Türspalt.
„Nina, Stefanie ist hier.“
„Oh verdammt! Wir waren heute zum shoppen verabredet.“
Aha. Und was ist daran jetzt schlimm?
„Wie soll ich denn mit ihr ausgehen, wenn du in meinem Körper bist?“
Ich steuere deinen Körper.
„Weißt du, wie man sich schminkt?“
Ich schüttle den Kopf.
„Geh mal ins Bad!“

(Informationen über Schminkprozess beschaffen und danach Schminkszene beschreiben)

Nachdem ich Ninas Gesicht unter ihrer peniblen Anleitung geschminkt habe, laufe ich runter, verabschiede mich schnell von Ninas Mutter und bleibe vor Stefanie stehen.
Wie begrüßen sich Nina und Stefanie normalerweise?
„Einfach Hallo!“
„Hallo.“
„Hi. Sag mal, wieso hast du eben so lange gebraucht?“
„Ähm ich habe mein...“ Scheiße, wie heißt dieses Zeug, das sich Frauen ins Gesicht schmieren.
„Mascara?“, hilft Nina mir auf die Sprünge.
Genau.
„Ich habe mein Mascara verlegt.“
„Verlegt?“
Stefanie schaut mich überrascht an.
„Du bist doch der Inbegriff von Ordnung!“
„Naja, selbst ich verlege mal etwas.“
Plötzlich flucht Nina.
„Was ist denn?“
Stefanie schaut wieder zu mir herüber.
„Hast du gerade etwas gesagt?“
„Nee, eigentlich nicht.“
Was ist los, Nina?
„Ich habe kein Geld dabei, nur die Kreditkarte.“
Ich grinse.
„Keine Angst, ich mache auch die Augen zu.“
Diesmal konnte ich mich gerade noch zurückhalten, es laut zu sagen.
„Sehr witzig.“
Wir steuern auf einen der vielen Kleiderläden zu, in dem ich noch nie war.
„Machen wir das Beste daraus. Bring mich mal zum grünen Kleid da!“
Ich blicke in den Raum. Direkt vor mir hängen drei Kleider in unterschiedlichen Grünabstufungen.
Welches meint sie?
„Das grüne, Mensch. Wenn ich das Dunkle meine, dann sage ich olivgrün.“
Und beim Hellgrünen?
„Hellgrün steht mir nicht, deshalb ignoriere ich es.“
Aha, gut zu wissen.
Ich bewege ihren Körper zum Kleid.
Derweil ist Stefanie mit einem Top zurückgekehrt.
„Na Nina, wie findest du es?“
Ja, Nina. Wie findest du das schwarze Top? Also ich finde es toll.
„Ich weiß nicht. Schwarze Tops stehen ihr gut, aber dieses...irgendwie passt das nicht zu ihrer Ausstrahlung.“
„Ich finde, es steht dir nicht so gut. Aber was hältst du von dem Kleid?“
Stefanie mustert es eindringlich.
„Ja, das könnte dir stehen. Aber wieso meinst du, dass mir das Top nicht steht?“
Verdammt, woher soll ich denn wissen, was Nina mit „Ausstrahlung“ meint?
Sie hilft mir zum Glück.
„Sag, ich habe hier vor ein paar Tagen ein besseres Top gesehen.“
„Ähm...sie hat neulich ein Top gesehen, das dir besser gefällt.“
„Sie?“
„Ähm...ich meine, ich!“
„Komisch, du hörst dich an, als wärst du nicht du selbst.“
Das stimmt in gewisser Weise.
„Folg ihr!“, sagt Nina.
Stefanie führt mich zu einem Stand mit Tops in verschiedenen Farben und Größen. Mein kurzer Blick genügt Nina.
„Siehst du die Reihe hängender tops vor dir?“
Ja.
„Das dritte von hinten müsste es sein.“
Ich hole besagtes Kleidungsstück hervor und halte es Stefanie hin.
Sie mustert es und nickt. Dann gehen wir zu den Umkleidekabinen.
Als ich Nina nur in Unterwäsche sehe, bereue ich, dass ich ihre Cam nicht mitgenommen habe. Andererseits habe ich mehr als genug Fotos.
„Arsch.“, sagt sie.
„Das Kleid steht dir.“
„Trotzdem Arsch.“
Auch Stefanie findet, dass es gut aussieht. Doch damit ist es nicht vorbei.
Wir durchstreifen jede Abteilung und probieren den halben Tag neue Kleider bzw. Parfüms, Nagellacks und Ähnliches. Als ob Stefanie wüsste, dass ich in Ninas Körper sitze und mich dafür straft.
Als ich bei Nina ankomme, ist es bereits Abend. Ich dirigiere ihren Körper auf das Bett zu, entkleide sie und lege sie auf's Bett. Ich wollte den Tag ganz bestimmt nicht so verbringen.
„Ich auch nicht.“, sagt Nina.
„Hoffentlich ist es morgen vorbei.“
Ich nicke und schließe die Augen.

Als ich am nächsten Tag aufwache, sehe ich an die Decke. Sie ist weiß. Ich bin in meinem Zimmer.
Erleichtert atme ich auf...das heißt, ich will aufatmen, aber keiner meiner Muskel führt den Befehl aus.
„Was zum Teufel ist hier los?“, will ich sagen, doch mein Mund rührt sich nicht. Stattdessen vernehme ich Ninas böses Lachen in meinem Kopf.

Kapitel 3: Gefangen

Scheiße. Nina hat die Kontrolle über meinen Körper übernommen. Hätte ich wenigstens die Kontrolle über meine Gefühle noch, hätte ich jetzt Angst.
Mein Körper erhebt sich und bewegt sich zum Schreibtisch. Dann schmeißt sie den PC an. Sofort erscheint der Desktop. Ich hielt es nie für nötig, den PC mit einem Passwort zu sichern. Aber egal. Das Passwort wird sie nicht erraten...ich muss unweigerlich an den Zettel denken, wo alle wichtigen  Passwörter drauf stehen.
„Danke sehr!“, sagt ihre Stimme. Shit, sie kann auch in meinem Körper Gedanken lesen.
Derweil hat sie alle Fotos gelöscht.
Plötzlich erscheint ein Pop-up.
„Plan für heute: 14 Uhr 17 Uhr – Kampfsporttraining. 18-19 Uhr bis open end: CoD mit dem Clan!“
„CoD?“
Call of Duty.
„Und was ist ein Clan?“
„Mehrere Spieler schließen sich zu einem Clan zusammen und kämpfen dann gegen andere Clans.“
Sie schüttelt den Kopf.
„Menschen töten ist also Teamsport? Sorry, aber das kann ich nicht zulassen!“
Blitzschnell klickt sie auf das Call of Duty Icon, dann auf Deinstallieren.
„Was machst du da!“
„Schau mal nach draußen. Die Welt ist zu schön, um mit Pixel-Soldaten Krieg zu führen.“
„Trotzdem hast du kein Recht...“
Sie unterbricht mich mitten im Satz.
„Aber du darfst Nacktfotos von mir schießen oder was?“
Sie bewegt den Mauszeiger über das Festplattensymbol. Ein Rechtsklick und der Cursor verharrt über dem „Formatieren“-Feld.
„Soll ich?“
„Nein! Bloß nicht.“
Sie bewegt den Cursor weg vom Feld.
„Sei froh!“
Plötzlich rennt sie auf's Klo, öffnet die Hose und setzt sich auf die Klobrille.
Wieso setzt sie sich hin? Männer pinkeln im Stehen.
„Ich bin eine Frau.“
„Aber du bist im Körper eines Mannes.“
„Nein, ich bin im Körper eines dummen, pubertierenden Jungen.“
„Okay, das mit den Nacktfotos tut mir Leid!“
„Egal, ich werde dich einfach vor deinen Freunden beim Kampfsport blamieren.“
Nein, bitte nicht!
„Oh doch.“
Aber sie weiß eh nicht, wo die Halle ist.
„Stimmt. Aber du hast doch bestimmt Hinweise darauf in deinem Zimmer, oder?“
Meine Gedanken gleiten zur Visitenkarte in meinem Zimmer...nein, verdammt, schon wieder.
Blitzschnell ergreift meine Hand das Kärtchen und steckt es ein. Dann nimmt Nina meinen MP3-Player, schließt ihn am PC an, lädt das neue Tokio-Hotel Album herunter und spielt es auf den Player.
Diese Scheiße muss ich die ganze Fahrt lang hören. Und von mir bis zum Dojo ist es über eine Stunde.
Und es wird noch schlimmer. Natürlich kriegt Nina, obwohl sie in meinem Körper ist, keine einzige Bewegung richtig hin.
Selbst einfache Liegestütze macht sie falsch.
Die drei Stunden sind für mich eine pure Qual. Und das Schlimmste ist, dass meine Kameraden mich auslachen. Ich kann mir schon vorstellen, wie sie beim nächsten Training auf mich zukommen und mich mit Fragen durchlöchern.
„Sag doch einfach die Wahrheit!“
„Das glaubt mir doch eh keiner.“
Sie lächelt.
„Stimmt.“
Dann setzt sie mir wieder die Tokio-Hotel-Musik auf die Ohren, fährt meinen Körper nach Hause und legt ihn schlafen.

Am nächsten Morgen wache ich in meinem Körper auf und hebe erst einmal den Arm. Kein Widerstand von den Muskeln. Ich seufze erleichtert. Also war alles nur ein Traum...aber was, wenn nicht?
Mit einem Satz bin ich beim Rechner. Kaum habe ich ihn angeschaltet, schweift mein Blick auf den Desktop. Das CoD-Symbol ist weg. Scheiße.


 ND
Ich hoffe, es hat euch gefallen. 

Übrigens plane ich, eine Alternativversion dazu zu schreiben. Vielleicht stelle ich sie auch hier hoch.

Bis dann

lg, vulture


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